Massive Schäden am Naturdenkmal: Die Platanen des Canal du Midi mussten nach dem Krebsbefall reduziert werden. Foto: waldwissen.net

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Platane als Waldbaum oder von einer Alternative, die keine ist

Angesichts des Klimawandels werden Platanen immer wieder als mögliche Option für heimische Waldbäume gehandelt. Warum dieser Gedanke aufkam und weshalb das keine gute Idee ist, kann auf waldwissen.net nachgelesen werden. Das Wichtigste im Überblick.

Ob menschgemacht oder nicht: Im Verlaufe der Erdgeschichte änderte sich das Klima schon oft. Und jedes Mal wandelte sich in der Folge auch die Zusammensetzung der Baumarten in unseren Wäldern. Es ist daher nur folgerichtig zu erwarten, dass sich der derzeitige Klimawandel ebenfalls auf die Baumzusammensetzung der Wälder auswirken wird.

Weil die forstliche Planung nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte umfasst, gilt es bereits heute zu überlegen, inwiefern die derzeitigen Hauptbaumarten fähig sind, sich den zu erwartenden neuen klimatischen Bedingungen anzupassen – oder eben nicht. Und ausserdem, welche Alternativen sich anbieten würden.

Gefährlicher Schädling

Um dies herauszufinden, wurde im deutschen Bundesland Baden-Württemberg ein Verfahren entwickelt, das aufgrund verschiedener Kriterien modellbasiert Baumarteneignungskarten 2.0 erstellt. Bislang existieren diese für die Hauptbaumarten Fichte, Tanne, Buche sowie Traubeneiche. Aufgrund der mittel- und längerfristig zu erwartenden klimatischen Entwicklungen braucht es jedoch Alternativen. Infrage kommen hierfür zum Beispiel seltene heimische Baumarten, ebenso wie gebietsfremde. In diesem Zusammenhang kommt immer wieder die Platane ins Spiel, weil sie bezüglich Standort und Klima eine gewisse Anpassungsfähigkeit aufweist. Das ist die gute Nachricht. Allerdings gibt es auch eine schlechte: Pilzerkrankungen – vor allem der Platanenkrebs – stellen ein bedeutendes Risiko dar, welches das Potenzial der Platane als alternative Hauptbaumart für unsere Wälder deutlich vermindert. Ursächlich für den Platanenkrebs ist ein Befall durch den Pilz Ceratocystis fimbriata platani 
(auch C. plantani)
. Dieser gelangt über Verletzungen der Rinde oder Wurzelverwachsungen und anschliessend über die Gefässe in den gesamten Baum. Tückischerweise verbleibt der Pilz während Monaten im Holz, was zur Folge hat, dass sich die Erkrankung selbst über Sägemehl, Holz- und Wurzelteilchen verbreitet.

Dass Platanenkrebs vorliegt, zeigt sich in schütteren Kronen, vergilbenden Blättern sowie braun-violett verfärbten Rindenpartien, die sich flammenförmig kronenwärts ausdehnen. Der darunterliegende Bast und das Holz werden schwarz-braun, was sich bis ins Stammzentrum fortsetzt. In der Regel sterben befallene Platanen innert ein bis zwei Jahren ab.

Eingeschleppte Krankheit

Ursprünglich stammt der Pilz aus Nordamerika, wo er 1929 erstmals beschrieben wurde und der dort heimischen Abendländischen Platane (Platanus occidentalis, auch Sycamore genannt) zu schaffen macht. 1945 gelangte der Schädling im Holz von Munitionskisten nach Marseille (F), von wo aus er sich nicht nur in Südfrankreich ausbreitete, sondern überdies in Spanien und Italien. 1986 schliesslich entdeckte man ihn im Tessin sowie in den Jahren 2001, 2002 und 2003 in Genf, was darauf schliessen lässt, dass sich der Pilz seither auf der Alpennordseite ausbreitet.

Welche Gefahr von Ceratocystis fimbriata platani ausgeht, beweisen die Ereignisse am Canal du Midi, der Toulouse (F) mit dem Mittelmeer verbindet. Dort trat der Platanenkrebs 2006 erstmals auf und breitete sich rasch aus. Bis 2017 mussten weit mehr als 20 000 der ursprünglich 42 000 Platanen entlang der Wasserstrasse gefällt werden, was das Landschaftsbild nachhaltig veränderte. Man gleicht die Verluste zwar durch die Anpflanzung neuer Baumarten aus, doch bis der Kanal wieder von einer eindrücklichen Allee gesäumt werden wird, werden noch viele Jahre ins Land ziehen. 

Vorbeugung von Platanenkrebs

Besonders krebsgefährdet sind in Europa die Ahornblättrige Platane (P. acerifolia; auch P. x hispanica, eine Hybride aus P. orientalis x occidentalis) und die Morgenländische Platane (P. orientalis).

Weil keine wirksamen Möglichkeiten zur Bekämpfung des Erregers oder zur Heilung des Platanenkrebses bekannt sind, kommt der Vorbeugung umso grössere Bedeutung zu. Diese beruht auf drei Säulen:
Vermeidung von Rindenverletzungen, Entfernung befallener Bäume sowie Desinfektion aller Arbeitsgeräte.

Die empfohlenen Massnahmen:

• Schnelles Fällen erkrankter Platanen. Zudem gilt es, unmittelbar nach der Entfernung des Baums sämtliche Pflanzenteile und das Sägemehl noch vor Ort zu verbrennen, damit sich der Erreger nicht verbreiten kann.

• Rodung und Verbrennung der Wurzelstöcke. Weil dies technisch oft schwierig ist, ist in Frankreich die «Devitalisierung» im Boden verbleibender Wurzelstöcke üblich. Hierfür schneidet man mit der Motorsäge in den äusseren Randbereich der Stockoberfläche eine Fuge und befüllt diese mit einem in Frankreich speziell für diesen Zweck zugelassenen Pflanzenschutzmittel.

• Schlagen benachbarter Bäume. Um die Verbreitung des Erregers via Wurzelverwachsungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, auch symptomfreie Platanen in unmittelbarer Nachbarschaft des erkrankten Baumes zu fällen.

• Desinfektion aller Arbeitsgeräte. Erforderlich nach dem Kontakt mit erkrankten Platanen, Exemplaren mit Infektionsverdacht und symptomfreien Nachbarbäumen.

Die Erfahrungen am Canal du Midi haben jedoch gezeigt, dass all diese Bemühungen die Verbreitung des Platanenkrebses nicht zu unterbinden, sondern allenfalls zu verzögern und den Schaden ein wenig einzudämmen vermögen. (Red./waldwissen.net)

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